News: Ringvorlesung Quarks and Letters: Naturwissenschaften in Literatur und Kultur der Gegenwart

Eine ungewöhnliche Ringvorlesung an der FAU beleuchtet den Stellenwert physikalischer, mathematischer und biologischer Themen in der Literatur der Gegenwart. Gast der Vortragsreihe ist der Romancier und Lyriker Raoul Schrott; veranstaltet wird sie von Erlanger Physikern und Literaturwissenschaftlern sowie dem Inter­diszi­plinären Zentrum für Literatur und Kultur der Gegenwart.

Was Quarks für die Materie sind, sind Buchstaben für die Schriftsprache: Elementarteilchen, aus denen sich jeweils eine Welt zusammensetzt. Naturwissenschaftler erforschen die Welt der Quarks, für die Welt der Buchstaben sind Kulturwissenschaftler zuständig. Aber sind beide Forschungsfelder wirklich zwei verschiedene Welten und ihre Diskurse „zwei Kulturen“? Auch jeder gedruckte Buchstabe besteht aus Quarks, auch jede physikalische Formel aus Lettern. Fragen und Antworten der Hirnforschung, Quantenmechanik oder Evolutionstheorie gehen in Romane ein, und Physiker oder Biologen verwenden rhetorische Sprachbilder, um ihre Erkenntnisse zu vermitteln oder sogar erst zu generieren.

Dass (sprach-)kulturelle und wissenschaftliche Interessen sich nicht nur überschneiden, sondern im Kern eins sind, das war zu Keplers, Lichtenbergs oder Goethes Zeiten noch selbstverständlich. Heute scheint in den ausdifferenzierten Spezialdiskursen das Bewusstsein für diese Einheit geschwunden, sie selbst aber geblieben. Sie wieder allgemein so sichtbar zu machen, wie sie es für zahlreiche Autoren der Gegenwartsliteratur – etwa Richard Powers, Thomas Lehr oder Dietmar Dath – stets geblieben ist, daran arbeiten in einer ungewöhnlichen Kooperation die Erlanger Lehrstühle für Theoretische Physik (Prof. Klaus Mecke) und für Neuere deutsche Literaturwissenschaft (Prof. Christine Lubkoll, Dr. Aura Heydenreich). Gemeinsam mit dem Interdisziplinären Zentrum für Literatur und Kultur der Gegenwart veranstalten sie die Ringvorlesung „Quarks and Letters“ – die titelgebenden „Quarks“ stehen mit ihrem Namen symptomatisch: er verdankt sich James Joyces „Finnegans Wake“.

Die fünfzehn Vorträge der Reihe (sie finden ab dem 22.10. jeweils am Montag ab 19 Uhr im Kollegienhaus, Raum 0.016, statt) widmen sich einerseits naturwissenschaftlichen Themen in literarischen Texten – etwa in Romanen des Amerikaners Richard Powers (Antje Kley / Karin Höpker), der Chinesin Can Hue (Monika Gänßbauer) oder des Deutschen Dietmar Dath (Roland Borgards). Sie beleuchten andererseits aber auch, welche Rolle Ästhetik in Literatur und Naturwissenschaften spielt (Bernadette Malinowski, Dirk Vanderbeke), wie metaphorische Praktiken in der Physik zu Erkenntnissen führen (Klaus Mecke) oder im Museumsbereich zur Vermittlung dieser Erkenntnisse dienen (Holger Helbig). Als „Stargast“ aus der Welt der literarischen Praxis wird der Romancier und Lyriker Raoul Schrott zu Wort kommen: Er stellt am 21.01. um 20 Uhr im Palais Stutterheim sein aktuelles Projekt vor, dessen Titel denjenigen der Ringvorlesung stimmig zurückspiegelt: „Die erste Erde: Von der Entstehung des Universums bis zur Erfindung der Schrift“.

Das Programm der Ringvorlesung finden Sie hier.